Audi V8 – die Oberklasse aus Neckarsulm

26.02.2025 von Jens Tanz

1988 kam sowas wie Raketentechnik aus Neckarsulm. Aber die Kunden waren damals noch nicht reif für den Anfang von allem, was Audi heute ist. 

Audis Image in den 80er Jahren war hochwertig, aber bieder. Pfiffige Konstruktionen wie der Audi 50, der später zum ersten VW Polo wurde oder das italienisch anmutende Coupé S rüttelten nicht am „Oberlehrerauto“ Gedanken, den der Volksmund mit sich durch die Jahre trug. Das sollte sich ändern, in den Vorständen in Ingolstadt wollte man mehr. Man wollte „nach den Sternen greifen“. 1984 begann Audi mit der Entwicklung eines eigenen Vollaluminium-Achtzylinders aus sprichwörtlich zwei nebeneinander gebauten Golf GTI 16V Zylinderbänken. Die 32 Ventile und vier Nockenwellen steckten auf 3,6 Litern Hubraum und leisteten mit einer Motronic und selektiven Klopfsensoren für den Zündzeitpunkt und die Benzineinspritzung 250PS.

Jens Tanz geht auf einer Straße auf seinen schwarzen Audi v8 zu. Man sieht den Oldtimer von der Frontansicht, auf der Motorhaube liegt ein Kermit-Kuscheltier.
Jens Tanz blickt in den Motorraum des schwarzen Audi v8 auf den Motor.

Warum ist der V8 Motor gut?

V8 ist stattlich, V8 ist Premium. Dieser längs eingebaute Achtzylinder ist nicht nur gut für das technische Image von Audi, er ist auch sauber durchkonstruiert und kraftvoll. Selbst das bisherige Topmodell Audi 200 hatte „nur“ einen Fünfzylinder unter der Haube. 1988 wurde der selbstbewusst „Audi V8“ genannte Wagen der Presse vorgestellt. Die auch Audi V8 Quattro genannte, fast 5 Meter lange Stufenhecklimousine trug die markante Front aller späteren Modelle, abgeleitet von der C3-Plattform des Audi 100. Permanenter Allradantrieb mit selbstsperrendem Torsen-Differenzial, 4-Stufen ZF Automatik mit elektronischer Wandlerüberbrückung und neu entwickelte, innenumgriffenen Scheibenbremsen (Ufos) waren Serie. Der Audi V8 war automobile Superlative, überdimensioniert und technisch perfekt.

Jens Tanz geht auf einer Straße auf seinen schwarzen Audi v8 zu. Man sieht den Oldtimer von der Frontansicht, auf der Motorhaube liegt ein Kermit-Kuscheltier.

Das Image fehlte noch

Diese Superlative hatte allerdings aus Sicht der solventen Käufer seinerzeit einige Haken. Im Werk in Neckarsulm bestückte man den ausschließlich als viertürige Limousine angebotenen Luxuswagen mit allerhand hochwertigem Interieur und vielen Goodies, die andere Premiumhersteller nur als Extras anboten. Das machte den gut ausgestatteten Wagen rund 30 % teurer als die Basismodelle aus München oder Stuttgart.

Außerdem haftete dem Audi V8 noch kein Oberklasseflair an. Für die meisten Kunden sah er aus wie ein etwas schickerer Audi 100 C3, obwohl mehr als 90% der Komponenten nur für den Audi V8 angefertigt oder entsprechend verändert wurden. Nur wenige Kunden waren bereit, sehr viel Geld für ein völlig neu konstruiertes Auto auszugeben, mit dem man als Statussymbol neben Mercedes-Benz und BMW nur selten punkten konnte. Spätestens als 1990 der Audi 100 C4 vorgestellt wurde, wirkte die große Limousine aus Neckarsulm plötzlich noch nicht einmal mehr modern.

Blick unter den Audi v8 in der Werkstatt auf einer Hebebühne. Zwei Männer begutachten den Wagen von unten.

Technisch überlegen – noch immer

Was den Audi V8 allerdings von der Konkurrenz absetzte, war sein in dieser Klasse einzigartiger permanenter Allradantrieb, der ihm legendäre Fahreigenschaften auf jedem Terrain verlieh. Die Karosserie war – wie damals bei Audi schon üblich – vollverzinkt und somit gut vor Korrosion geschützt. Und was innen mit feinstem Leder und Wurzelholz umschmeichelte, zeigte sich von außen schlank, zurückhaltend und doch nicht langweilig. Der Audi V8 war das perfekte Fahrzeug für diejenigen, die eben genau dieses Understatement suchten und trotzdem auf der Autobahn die linke Spur mochten.

Wie viel PS hat der Audi V8 Quattro?

Vorgestellt wurde das Fahrzeug mit dem 3,6 Liter Motor und 250PS. Zwischen 1988 und 1994 erfuhr der Audi V8 ein großes Facelift, in dem der Innenraum umgestaltet wurde, viele technische Überarbeitungen stattfanden und ein auf 4,2 Liter und 280PS erweiterter Achtzylinder dazukam. Das Triebwerk im Audi V8 4.2 Quattro gilt trotz des nur geringfügig erhöhten Hubraums als wesentlich agiler und kraftvoller.

Jens Tanz steht mit dem Rücken zur Kamera auf Ufer eines Sees nehmen einem schwarzen Audi v8.
Audi v8 hat eine Panne auf der Schnellstraße und wird von zwei ADAC-Mitarbeitern auf das Abschleppfahrzeug verladen.

Wie viele Audi V8 wurden gebaut?

Von allen Varianten (3,6 Liter und 4,2 Liter) wurden insgesamt nur 21.565 Fahrzeuge ausgeliefert, davon 271 bei Steyr-Puch gefertigten „Lang“ Versionen. Erst mit dem nachfolgenden Audi A8 (D2) konnte der Konzern sein Image in der Oberklasse ausbauen.

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Ersatzteilprobleme und Wartung

Wegen seiner Komplexität und seiner sehr exklusiven Technik wurden damals einige Vertragswerkstätten zu „Audi V8 Stützpunkten“ weitergebildet, einige normale Audi Partner trauten sich gar nicht an das Fahrzeug ran. Nach über 30 Jahren kocht heute ein V8 auch nur mit Wasser – aber dieses Wasser schwappt mehr denn je in einem kostspieligen Kocher. Schon vor 10 Jahren, als die Preise für gepflegte Audi V8 noch recht günstig waren, standen Gebrauchtwagenkäufer vor einigen fast unlösbaren Ersatzteilproblemen. Der Konzern hält nicht viel davon, neue Ersatzteile länger als 10 Jahre zu produzieren, und so hörte man schon zu Anfang des neuen Jahrtausends immer wieder die Worte „ersatzlos gestrichen“. Das betraf nicht nur Zierleisten oder Schalter, das galt auch für Fahrwerkskomponenten, Teile der Abgasanlage und andere relevante Baugruppen.

Das exklusive Premium von damals ist würdevoll gealtert, aber nicht sorgenfrei zu bewegen. Grundsätzlich wurden die teuren Fahrzeuge zwar gepflegt, aber um wenigstens einen Hauch von Wirtschaftlichkeit zu spüren wurden sie auch viel und weit gefahren. 300.000 Kilometer sind heute keine Seltenheit und hinterlassen ihre Spuren. So verschleißen beispielsweise die nikasilbeschichteten Zylinderlaufbahnen, der Ölverbrauch steigt. Nach so langer Zeit ist trotz Vollverzinkung Rost durchaus ein Thema, wenn schabende Zierleisten und der schmirgelnde Dreck der Straße ganze Arbeit geleistet haben. Am Heckblech hinter dem Stoßfänger und an den Kotflügeln sind fast alle durchgerostet.

Nahaufnahme von einem rot-erleuchteten Audi v8 Tacho bei Nacht.

Hat der Audi V8 einen Katalysator?

Alle Audi V8 wurden mit einem geregelten Katalysator in einer Edelstahl-Auspuffanlage ausgeliefert. Dieses System hat für ein Kraftfahrzeug eine fast lebenslange Haltbarkeit, aber nach 30 Jahren sind die Kats am Ende und die Schalldämpfer an den Schweißnähten abgerostet. Für beides gibt es keinen Ersatz, und wenn doch kostet das mehr als so mancher Kleinwagen.

Wer heute bereit ist, mindestens 10.000€ auszugeben, bekommt ein einigermaßen gepflegtes, fahrbereites Exemplar in verschiedenen Farb- und Ausstattungsvarianten. Die 90er haben da fast keine Grenzen gesetzt. Von Standheizung über Memory, Sportledersitze, BBS Felgen, elektrisches Heckrollo oder BOSE mit CD Wechsler ist alles dabei. Für weniger Geld gibt es manchmal verbastelte Rostlauben mit riesigen Chromfelgen und runterhängendem Wagenhimmel. Nach oben wiederum gibt es wie immer keine Grenze. Ein Audi V8 eignet sich heute aber nur noch als Sonntagsauto mit Spielzeit bei der Ersatzteilsuche. Die geringen Stückzahlen haben selbst gebrauchte Teile sehr teuer werden lassen, Verschleißteile wie Hydraulikleitungen kann man nur noch im Fachbetrieb anfertigen lassen.

Trotzdem ist das Fahrzeug nicht nur Legende und oft zitierte Konzernhistorie, sondern auch eine tolle Reiselimousine und ein kraftvoller Leckerbissen mit perfektem Understatement. Ich selbst habe einen Audi V8 4.2 Quattro über 10 Jahre und rund 500.000 Kilometer bewegt. Es waren gute, wenn auch durstige Zeiten, aber das Fahrzeug lebt heute noch immer in guten Händen. Diese Langzeitqualitäten sind auch bei der Konkurrenz nicht oft zu erleben. Aber Oberklasse bleibt auch als Oldtimer Oberklasse und wird immer wie eine Oberklasse zur Kasse bitten. Das ändert sich nie. Aber teuer ist selten so cool wie bei einem Audi V8.

Fahrzeugdaten und technische Spezifikationen: Audi V8 4,2 Quattro

Baujahr:1993
Motor:V8 Vollaluminium
Hubraum:4.2 Liter
Leistung (PS):280
Drehmoment:400 NM
Ventilsteuerung:Vier Nockenwellen, Zahnriemen
Schaltung:ZF Automatik 4 Stufen
Höchstgeschwindigkeit (abger.):249 km/h
Leergewicht:1.710 kg

 

Audi V8 4,2 Quattro Bildergalerie

  • Jens Tanz reinigt die Windschutzscheibe seines schwarzen Audi v8 bei der Dämmerung. Die Scheinwerfer sind auch und das Auto parkt am Straßenrand.

    Audi V8 im Alltag

    Das ging 2010 noch einigermaßen, heute wird es schwierig.

  • Der schwarze Audi v8 steht an der Tankstelle und wird getankt. Man sieht das Fahrzeug parkend von der Seite neben der Zapfsäule.

    Den Audi V8 beim Tanken

    Tanke schön für alles. Die einen spielen Tennis, die anderen tanken ihren Audi V8.

  • Jens Tanz blickt unter die Motorhaube eines schwarzen Audi v8. Das Auto parkt auf dem Teer, umgeben von grünen Bäumen, Motorhaube, Türen und Kofferraum sind geöffnet.

    Blick unter die Haube

    Business der 90er Jahre. Unter der Haube ist trotzdem nur ein Motor.

  • Blick in das Cockpilt des Audi v8 bei Nacht roterleuchtet.

    Das Audi V8 Cockpit

    Alles so schön rot hier! Das Audi V8 Cockpit war Premium durch und durch.

  • Der Audi v8 4,2 Quattro geparkt im Tiefschnee auf einer zugeschneiten Straße neben Bäumen.

    Permanenter Allradantrieb im Winter

    Permanenter Allradantrieb mit Torsen Differenzial ist im Winter unschlagbar!

  • Brautpaar steht vor dem Audi v8 4,2 Quattro, der an einem Hafen vor einem Schiff parkt. Das Brautpaar lächelt und ist an das Auto gelehnt.

    JA Sagen für Fortgeschrittene

    Mehr Technik und Understatement geht kaum.

Bilder: © Jens Tanz, Sandmanns Welt

 

Jens Tanz, Gastautor

Gastautor: Jens Tanz

ist Motorjournalist & Social Media Manager und lebt leidenschaftlich die Autos der 70er aus dem Straßenbild seiner Kindheit. Im Netz ist er als „Sandmann“ unterwegs und schraubt und schreibt sowohl über die eigenen Erlebnisse mit seinen Oldtimern als auch markenübergreifend über andere Oldtimer und ihre Menschen. Hier geht es zu Jens´ Blog: 

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