Der QR-Code ist out – was kommt als nächstes?

04.11.2019 von Nicole Y. Männl

Der QR-Code ist wahrscheinlich (in Deutschland) die am meisten belächelte grafische Darstellung in der Welt des Marketing. Doch es gibt andere Länder, bei denen geht ohne QR-Code fast gar nichts mehr. Was ist hierzulande bei der QR-Code-Nutzung schief gelaufen? Wo funktioniert er doch und was löst ihn vielleicht ab?

Person scannt mit einem Smartphone einen QR-Code auf einem Papierdokument, im Hintergrund sind ein Laptop und eine Brille sichtbar

Was ist ein QR-Code?

Ein QR-Code (Abkürzung für Quick Response) ist eine schwarz-weiße Grafik (ähnlich eines Barcodes), die bestimmte Informationen enthält. Ursprünglich ist der QR-Code dazu gedacht gewesen, dass Smartphone-Nutzer in der realen Welt mehr Informationen auf ihr Display bekommen.

Hinter einem QR-Code kann sich also eine Internetadresse „verstecken“ oder auch ganz andere Informationen beziehungsweise Metadaten. Das kann sehr sinnvoll sein, wenn es einen entsprechend kommunizierten kontextuellen Mehrwert hat.
Aber was haben viele Firmen gemacht?

Der QR-Code aus Nutzersicht

Viele Firmen bildeten – meistens sehr stolz – ihren QR-Code auf der von uns gerade besuchten Website ab. Der QR-Code enthält keinen Mehrwert, da wir uns in diesem Fall sowieso schon dort befinden. Ein sinnloser Einsatzzweck, der beim Nutzer eher Frustration auslöst, als dass er zu weiteren QR-Code Erfahrungen motivierte.

Doch bis die Nutzer überhaupt erstmal eine erste Erfahrung machen, dauert es meistens etwas. Viele Hürden tun sich auf, wenn bei uns der Quick Response Code irgendwo gedruckt (Plakat, Zeitschrift) auftaucht. Als erstes benötigt derjenige, der einen QR-Code sieht, das Wissen, dass etwas Spannendes dahinter stecken könnte. Wenn die Neugier geweckt wird, wird ein Smartphone benötigt. Das heißt also: QR-Code sehen, Smartphone hervorholen, Kamera oder App aufrufen und scannen. Für Smartphone-Nutzer sind das einfach zu viele unbequeme Schritte, wenn sie den Mehrwert nicht sofort erkennen. Das Smartphone bleibt oft in der Tasche und der QR Code fristet sein Schattendasein.

Die Geschichte des QR-Codes

Erinnern wir uns an den Ursprung des Quick Response Code: Denso Wave hat den QR-Code 1994 für Toyota entwickelt. Das schwarz-weiße Muster ist in der Logistik-Branche sehr populär. Die Informationen zum jeweiligen Bauteil können so schnell maschinell ausgelesen werden. Praktisch und ein sinnvoller Einsatz für die Industrie. Wenig erstaunlich ist, dass es so lange gedauert hat, bis der QR Code in unsere nichtindustrielle Welt gekommen ist, denn schließlich benötigt man ein Lesegerät. Wer hatte das schon?

Mit dem Zeitalter der ersten Smartphones, die über eine Kamera und der Möglichkeit Apps zu installieren, verfügen, war die technische Voraussetzung überhaupt erst gegeben, um QR-Codes „für alle“ publik zu machen. Die Marketingleute witterten einen Trend. QR war über Nacht hipp geworden – vor ungefähr 12 Jahren.

Als Pro-QR-Code-Nutzungs-Argument kam hinzu, dass ein QR-Code zwar patentiert ist, jedoch die Erstellung, Benutzung und Verwendung lizenz- und kostenfrei erfolgen kann. Die Suche nach den Code-Generatoren gestaltete sich leicht. Man googelte und fand sofort viele Webseiten, die kostenlos das Erstellen und den Download anboten. Das hat sich übrigens nicht verändert.

Gut zu wissen

  • Wichtiger Tipp:

    Stellen Sie sicher, dass Sie mit dem Download der Quick Response Code Grafik auch über das Recht verfügen, diesen QR-Code für kommerzielle Zwecke nutzen zu dürfen! Nicht alle Anbieter räumen dieses Recht automatisch ein. Achten Sie auf das Kleingedruckte.

Was lief falsch mit dem QR-Code in Deutschland?

Kein Mehrwert

Wie in dem Beispiel oben angedeutet, fiel dem Grafiker keine sinnvolle Anwendungsmöglichkeit ein, denn es kam kein Briefing vom Marketing. Doch sollte er/sie unbedingt dieses schmucke und moderne Element einbauen. Ein Mehrwert wäre gewesen, dass man im Gegenzug nach dem Scan etwas erhält, was man unbedingt benötigt. Das könnte der Zugang zum W-LAN in einem Hotel sein. Oder es wird der natürliche Spieltrieb oder die Gier nach Geschenken (Goodies) geweckt, das funktioniert eigentlich immer ganz gut.

Fehler

Frust beim Anwender machte sich breit, wenn interne Prozesse bei der Erstellung der QR-Grafik falsch liefen. Ein beliebtes Fehler-Beispiel: Eine Internetadresse wird für den Code vorgesehen und festgelegt. Die Grafik wird erstellt. Dann wird die Internetadresse im Nachhinein geändert. Schwupps, der QR-Code funktioniert nicht mehr!
Doch nicht jeder, der einen Code anbietet, denkt daran sicherzustellen, dass die Internetadresse auch funktioniert. Ein serverseitiger Redirect 301 (eine Umleitung der Adresse) schafft hier Abhilfe.

Keine Mobilfreundlichkeit

Eine ganz böse Falle, in die viele Webseitenbetreiber tappen. Wenn ich jemanden einlade, sich etwas auf dem Smartphone anzuschauen, dann muss ich meine Seiten auch mobilfreundlich gestalten. Erneut macht sich Frust bei den Anwendern breit, wenn das Layout prozentual verkleinert wird, also die Schriften zu klein sind oder die Website quer gescrollt werden muss (weil sie zu breit erscheint).

Deplatzierte Platzierung

Sobald der QR-Code nicht bequem in Ruhe und mit der richtigen Größe abgelesen werden kann, läuft etwas verkehrt. Als Außenbeschriftung auf fahrenden Fahrzeugen taugt der beste QR-Code nichts. Auch wenn man nicht nah genug an den Code zum Scannen herankommt oder die Grafik zu klein oder unscharf ist, versagt die Scanner-App.

Kein Kommentar

Die Leute werden nicht abgeholt, es steht kein passender “Call to action” dabei. Es steht also – ohne weitere Erklärung – ein QR-Code irgendwo. Was soll man damit tun? Viele Nutzer wissen damit einfach nichts anzufangen. Also machen sie auch nichts damit. Andere, die den Code kennen, wissen nicht, was sie erwartet. Keiner scannt irgendwie mal irgendeinen Code ohne dass er/sie weiß, was dann passiert. Das ist eigentlich auch ganz gut so, siehe nächster Punkt.

Sicherheit

Das Garaus für den QR-Code kam dann 2010 beziehungsweise 2013. Zuerst wurden QR-Codes in Umlauf gebracht, die auf eine trojanerinfizierte Android-App zum Download verwiesen. Schließlich warnte vor 4 Jahren sogar das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) offiziell vor der Gefahr, die von überklebten (gefakten) Code auf Plakatwänden und im öffentlichen Raum ausging. QR war damit am Ende der Attraktivitäts-Skala beim Anwender sowie beim Anbieter angekommen.

QR-Code-Nutzung in Asien: Hier geht es nicht ohne Code!

Nachdem so viele Negativbeispiele die Nichtnutzung begründet haben, ein Blick über den Tellerrand nach Asien: Hier boomt der QR-Code und das hat einen Grund. Der QR-Code Reader ist in der meistgenutzten App WeChat integriert. Diese App ist mehr als ein Messenger für China. WeChat hat sich zum Allzweck-Tool im Alltag entwickelt.

Es bietet einen eigenen App-Store, auch mit vielen Spielen. Man kann Taxis damit rufen bis hin zur Nutzung von Bringdienst-Services (Lebensmittel und fertige Gerichte). Die Stromrechnung wird über diese App genauso bezahlt wie eine Restaurantrechnung. WeChat ist eine Jobsuchmaschine und dient zur Vereinbarung von Arztterminen. Ebenso sind Gruppenfunktionalitäten im Angebot wie auch ein öffentlicher Content Feed. Ein Leben ohne WeChat ist praktisch nahezu unmöglich. Allerdings ist der Grund, warum WeChat so erfolgreich ist, zwiegespalten zu betrachten, er beruht auf der Internetkontrolle.

Der QR-Code funktioniert doch und entwickelt sich weiter

Wenn wir diese Kontrolle außer Acht lassen und die Erfolgsgeschichte des QR-Code isoliert betrachten, dann stellt sich die nächste Frage:

Warum wissen scheinbar die wenigsten Smartphone-Nutzer, dass sie mit Bordmitteln, also der Standard-App “Kamera” jeden QR-Code auslesen können? Beim iPhone genügt das “Draufhalten” (also als ob man ein Foto machen möchte und das Motiv auswählt) mit der geöffneten Kamera-App; beim Android funktioniert das meistens genauso.

Auch WhatsApp-Benutzer, die ihre Chats (mit einem installierten Programm) auch auf dem Desktop führen möchten, sind auf einmal sehr schnell affin, wenn es um die Zugriffsgenehmigung per QR-Code geht. Hier spielt der Mehrwert (Vorteil, dass man gegebenenfalls schneller tippen kann und/oder Bilder vom Rechner direkt hochladen), das “Wollen” eine sehr große Rolle.

Dennoch heißt es heute häufig noch: „QR-Code im Marketing? Lass das lieber sein, das geht schief!“ Zugenommen hingegen hat die Anwendung in Museen oder Ausstellungen. Hier sind die Besucher hochinteressiert und sehen den Mehrwert der Zusatzinformationen.

QR-Code: Alternativen? Oder next big things?

Doch wäre es jetzt nicht langsam Zeit für das „next big thing“, den Nachfolger des QR-Codes? Was könnte eine QR-Code-Alternative sein? Was ist sicher genug und kann nicht von Hackern manipuliert werden? Der verheißungsvoll klingende Artikel „Marketing mit QR-Codes ist Schnee von gestern“ ist schon von vorgestern (2015) und beschreibt das Szenario, dass LED-Lampen ein scanbares Licht von sich geben, das mit dem Smartphone ausgelesen werden kann.

Ist es vielleicht Augmented Reality (AR), speziell Mobile-AR? Hier zeigt Snapchat mit AR Lenses schon einiges, was Werbetreibende (mit eher hohem Budget) den Smartphone-Nutzern bieten können, um auf sich aufmerksam zu machen. Ganz ohne AR-Zusatzapp, die Snapchat App genügt für den Endverbraucher.

Ähnlich einem QR-Code genügt bei anderen Anwendungsfällen das Produkt (vor einem). Es hat einen AR-Marker und wird mit der Smartphone-Kamera zum Leben erweckt.

Beispiel: Ein Werbemaskottchen erscheint auf dem Monitor und interagiert mit Produkt und Konsument. Das wirkt sehr natürlich für die Benutzer, denn Motive zu fotografieren (das Motiv zu scannen) ist einfach schnell erlernt, beziehungsweise intuitiv. Auch ein schwedisches Möbelhaus hat mit Katalog und dazu passender App die Benutzer spielerisch in die Welt der Augmented Reality geführt.

Ein Ausblick zum QR-Code und Co.

Man darf gespannt bleiben, wohin die weitere Entwicklung gescannter Codes oder Marker geht. Wichtig ist nach wie vor, dass die Anwendung so einfach wie möglich sein muss. Wann diese Technologie zum Mainstream wird, entscheidet sich, wenn die Kosten für die Erstellung moderater werden, so dass auch KMU und Freiberufler diese Art des Marketings für sich einsetzen können.

Doch bis dahin passen Sie gut auf sich auf, wenn sie einen QR-Code sehen. Denn wenn Sie doch mal die falsche Internetadresse per QR-Code gescannt, eingetippt oder bereitgestellt haben und sich einen Trojaner oder Kryptotrojaner einfangen oder verbreiten, dann kann das zu einem großen Schaden führen. Für Freiberufler und Unternehmen gibt es hier eine spezielle Cyber-Versicherung als Schutz!

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Nicole Y. Männl, Gastautorin

Gastautorin: Nicole Y. Männl

aus Würzburg ist seit 2006 als Freiberuflerin mit NYdigital tätig. Ihr Fokus liegt darauf, Unternehmen strategisch und empathisch bei der Digitalisierung zu unterstützen und somit eine professionellere Online-Kommunikation zu ermöglichen. Dabei legt sie besonderen Wert auf die Sicherheit - nicht nur für WordPress-Websites - sowie die korrekte technische Umsetzung der DSGVO. Neben Schulungen und Workshops teilt sie gern ihr Wissen als Gastautorin in Corporate Blogs.

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