Community Management: Warum Unternehmen sich im Netz nicht alles gefallen lassen müssen

14.07.2016 von Bernhard Jodeleit

Manipulierte Rezensionen über Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen, scham- und rücksichtslose Angriffe gegen Organisationen, Marken und Personen, gefälschte Nachrichtenmeldungen und unverblümte Drohungen mit Gewalt: Das Internet ist mitunter ein sehr ungemütlicher Ort. Deshalb gilt es, bei fiesen Kommentaren einen kühlen Kopf zu behalten. Tipps zum Community Management für Unternehmen lesen Sie hier:

Community Management: Warum Unternehmen sich im Netz nicht alles gefallen lassen müssen

Die bittere Notwendigkeit von Community Management

Viele Unternehmer leben täglich mit der Angst, angegriffen zu werden. Die Notwendigkeit, Online Marketing zu betreiben und sich damit zu exponieren, geht zwangsläufig mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einher, verdeckt agierenden Wettbewerbern oder Menschen angegriffen zu werden, die sich aus unerfindlichen Gründen im Rahmen eines Doppellebens als Internet-Troll profilieren. Menschen, die tagsüber ihrem ganz normalen Ablauf nachgehen, in ihrer Freizeit jedoch zum meinungsmachenden Miesepeter mutieren, der ohne jeden Sinn und Verstand die Arbeit anderer durch den Kakao zieht und zu entwerten versucht.

Dass auch Unternehmen, Staaten und andere Organisationen ihr Unwesen im Web treiben und auf Plattformen wie Facebook und Twitter bezahlte Meinungsmacher unterwegs sind, um Gerüchte anzuheizen und Gruppen gegeneinander aufzuhetzen, kommt noch dazu. Bezahlte Meinungsmanipulation im Web scheint der neue bevorzugte Nebenverdienst ganzer Bevölkerungsgruppen geworden zu sein. Man spricht nicht viel darüber, ab und zu gibt’s eine TV-Doku zum Thema, aber die Auswirkungen spüren wir im Online Marketing jeden Tag.

Vorbeugendes Reputation Management ist das eine Standbein, auf das Sie sich stützen sollten, wenn Ihnen die Unversehrtheit Ihres guten Rufs wichtig ist. Doch wenn Sie auf Social-Media-Plattformen werblich aktiv sind, dann werden Sie merken: Das reicht nicht. Das beste Reputation Management nützt nicht, wenn plötzlich jemand unter Ihren – womöglich noch beworbenen – Facebook Post Beleidigungen oder Peinlichkeiten schreibt. Ihnen in die Suppe spuckt. Sie öffentlich vorführen will.

Dann sitzen Sie da – zum Glück sitzen Sie schon – und fragen sich: Was soll das? Was ist jetzt zu tun? Community Management.

Community Management: Löschen. Blockieren. Ausblenden.

Vorweg: Unternehmen sollten unbedingt Kritik und Kundenbeschwerden ernst nehmen. Kundenservice und auch Stakeholder-Dialog auf Social-Media-Plattformen müssen oberste Priorität haben, offen, fair und professionell betrieben werden. Aber heute geht es mir um Trolle. Um Beleidigungen. Und diesbezüglich rate ich Ihnen: Löschen Sie. Blenden Sie aus. Blockieren Sie.

Und: Zögern Sie nicht zu lange damit. Denn wenn Beleidigungen, Entgleisungen, Drohungen oder schlichter Unsinn im Kommentarbereich unter Ihren Inhalten zu lange stehen bleiben, werden andere Trolle und Angreifer ermutigt, es den Vorpreschern gleich zu tun. Die Erfahrung im Community Management zeigt: Oft sind die ersten inakzeptablen Kommentare eines Nutzers nur ein Test. Reagiert der Plattformbetreiber nicht, damit meine ich etwa Sie als Betreiber einer Facebook-Seite, so legt der Troll noch eine Schippe drauf und kommentiert noch dreister. Rein zufällig kommen dann oft noch weitere Nutzer hinzu, die ebenfalls ihren fehlgeleiteten Senf dazu geben.

Zensur ist das nicht!

Löschen, Ausblenden, Sperren – all diese Maßnahmen sind völlig legitime Mittel des Community Management. Zensur? Nein, es ist keine Zensur, wenn Sie Beleidigungen löschen. Zensur ist ein großes Wort. Von Zensur zu sprechen ist angemessen, wenn die freie Meinungsäußerung als Mittel der demokratischen Willensbildung verhindert oder sanktioniert wird. Von Zensur zu sprechen ist nicht angemessen, wenn Sie nicht erlauben, dass auf Ihrer Plattform – für die Sie Verantwortung tragen, auch juristisch – Schimpfwörter, Diskriminierung, Aufrufe zu Straftaten oder falsche Tatsachenbehauptungen veröffentlicht werden. Verantwortlich? Juristisch? Ja: Jeder Jurist – ich bin keiner – wird Ihnen bestätigen, dass Sie sogar verpflichtet sind, Dritte vor Rechtsverstößen zu schützen, wenn diese auf Ihrer eigenen Online-Plattform begangen werden. Es obliegt Ihnen als Betreiber einer Online-Plattform, dort für Ordnung zu sorgen. Community Management für Recht und Ordnung.

Ganz ehrlich: Wenn Sie sich erlauben, durchzugreifen, dann werden Sie sich befreit fühlen. Keiner von uns muss sich den wüsten Angriffen und Verunglimpfungen von Trollen aussetzen. Das haben wir a) nicht verdient und b) nicht nötig. Wer nach bestem Wissen und Gewissen Produkte und Dienstleistungen anbietet – und diese auch noch über unterhaltsames, nützliches Content Marketing im Sinne von Infotainment vermarktet, der darf trotz werblicher Absicht und kommerzieller Interessen durchaus ein Quäntchen Respekt erwarten. Für sich und für andere, die heutzutage von Scharen wütender, ironisch-sarkastischer, rücksichts- und respektloser Trolle und Aktivisten beschimpft werden.

Und noch ein Aspekt ist mir wichtig. Auch als Privatperson haben wir im Web Bürgerpflichten – finde ich. Genau wie im Leben da draußen. Wir sehen, dass in der Öffentlichkeit jemand angegriffen wird. Was tun wir? Hoffentlich nicht wegschauen. Sondern einschätzen, ob wir ohne unangemessene Gefährdung der eigenen Person direkt helfen können – oder zumindest rasch Hilfe holen. Wir sehen, dass im Web zu Gewalt aufgerufen wird. Was tun wir? Immer häufiger wegschauen – leider.

Wenn Aufrufe zur Gewalt angeblich nicht gegen Richtlinien verstoßen

Plattformbetreiber wie Facebook haben sich hier in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Zu oft wurden Meldungen von Nutzern bezüglich gewaltverherrlichender Inhalte ignoriert oder abgelehnt, wurde geantwortet: “Der von dir gemeldete Inhalt vertößt nicht gegen die Facebook-Community-Richtlinien.” Umso mehr habe ich mich über ein Erlebnis vor zwei Tagen gefreut. Ich konnte nicht anders, als ein zu Mord und Totschlag aufrufendes Video zu melden. Zunächst kam die Antwort: “…verstößt nicht gegen unsere Richtlinien”, gepaart mit der Aufforderung, meine Zufriedenheit mit dem erlebten Kundenservice zu bewerten. Na toll. Ich klickte auf das traurige Smiley. Ich war nicht zufrieden. Und siehe da, ich weiß nicht, ob es der Zufall wollte dank weiterer Meldungen anderer Nutzer oder ob es Ergebnis einer weiteren Prüfung war: Meine Meldung wurde doch noch als korrekt eingestuft, das Video wurde gelöscht. Fein.

Das motiviert mich. Nicht, weil “Melden” mir Spaß macht. Ich wünschte, es gäbe gar nichts zu melden. Sondern weil ich einfach nicht möchte, dass Respektlosigkeit und Aggression in der Welt, in der ich lebe, an der Tagesordnung sind. Egal ob offline auf der Straße oder online.

Praxistipps für das Community Management auf Facebook-Seiten

Ein paar Praxistipps, wenn es um die Facebook-Seiten Ihres eigenen Unternehmens geht:

  1. Bei Facebook haben Sie mehrere Eskalationsstufen. Sie können einen Kommentar als Administrator Ihrer Seite “ausblenden”. Das bedeutet: Der Urheber sieht ihn noch, auch seine Facebook-Freunde. Aber sonst niemand. Das ist sehr elegant.
  2. Sie können den Kommentar auch löschen – die zweite Eskalationsstufe. Nur nicht zögern, wenn es etwa eine Beleidigung ist.
  3. Hartnäckige Fälle, Wiederholungstäter – oder Fake-Profile – können Sie sperren. Dann sind diese Nutzer nicht mehr in der Lage, weitere Kommentare auf Ihrer Facebook-Seite zu verfassen.

Eine Null-Toleranz-Politik empfiehlt sich.

Wussten Sie, dass es Software gibt, mit der manipulative Akteure automatisch Nutzerfotos, Namen und Profilinformationen zahlreicher Facebook User herunterladen, einmal kräftig durchmischen und dann – als Fake-Profile – wieder bei Facebook zwecks Missbrauch neu anmelden können? Wo sich die Profile dann als Troll-Zombies und Fake Fans betätigen, ebenfalls automatisiert? Erschreckend, aber wahr.

Moderation von Kommentaren auf Website und Blog

  1. Kommentare können vorab moderiert werden, das heißt, Sie müssen als Administrator jeden Kommentar einzeln freischalten. Viele Website-Betreiber bevorzugen diese Variante. Etwas leichter wird es, wenn Nutzer, die bereits einen genehmigten Kommentar haben, bei erneuten Kommentaren gleich grünes Licht haben.
  2. Oft wird Kommentar-Spam von Seitenbetreibern nicht als solche erkannt. Während Kommentare aus fernen Ländern, die inhaltlich nichts mit dem Thema des Blogpostings zu tun haben, meist schon von automatischen Filtern erkannt werden, gilt dies nicht für eine andere Sparte von Kommentarspam. Ganze Scharen nebenberuflicher SEO-Kommentar-Spammer verfassen, Tendenz in den letzten Monaten stark zunehmend, oberflächlich betrachtet sinnvolle Kommentare, oft ein wenig lobhudelnd, die nur einen Zweck haben: die Unterbringung eines Links zu einer kommerziellen Website (etwa mit Affiliate Links). Ich halte es immer so: Gefällt mir der Kommentar, so lasse ich ihn stehen – und nehme nur den Link heraus. Arbeit umsonst für den Spammer – und ich habe einen schönen Kommentar mit Lob. Guter Deal.
  3. Achten Sie darauf, dass Links in Ihren Kommentaren auf “rel=nofollow” stehen. Alternativ könnten Sie auch erwägen, Links in Kommentaren ganz zu verbieten (oder nicht als formatierten Link auszugeben, sondern nur als Text) und auch den Benutzernamen des Kommentierenden nicht mit Link darzustellen. Das ist schnell durch einen kleinen Eingriff im Template oder durch ein Plugin erledigt und mindert den Anreiz zu Spam-Kommentaren ungemein.

Und was ist bei Angriffen via Twitter und auf externen Plattformen?

Bei anderen Plattformen wie Twitter sind Sie Angriffen relativ schutzlos ausgeliefert. Immerhin: Sie müssen Angriffe nicht weiter lesen und jemanden nicht mehr zu Ihren Followern zählen, wenn Sie den entsprechenden Account mit der Blockier-Funktion für sich selbst sperren. Das betreffende Twitter-Konto folgt Ihnen dann nicht mehr. Wird es von zu vielen Nutzern blockiert, dann wird es von Twitter gesperrt. Sinn ergibt das primär, wenn es sich um reputationsschädigende Spam-Profile handelt. Als Maßnahme, Ihrer Meinung in einer Kontroverse Ausdruck zu verleihen, sollten Sie das Blockieren natürlich nicht verwenden.

Und was ist zu beachten, wenn Angriffe auf Ihre Reputation auf externen Websites stattfinden? Der schwierigste Fall im Community Management. Werden Sie auf Websites externer Betreiber angegriffen, so ist Ihre Google-Reputation in Gefahr. Es gibt mehrere Wege:

  1. Gegen falsche Tatsachenbehauptungen und Beleidigungen können Sie rechtlich vorgehen. Wenn der Eigentümer der Website nicht auszumachen oder zu erreichen ist, so können Sie im zweiten Schritt den technischen Betreiber auffordern, den reputationsschädigenden Inhalt zu entfernen. Er ist unter Umständen dazu verpflichtet.
  2. Es empfiehlt sich, zumindest die ersten beiden Seiten der Google-Suchergebnisse zur eigenen Person und zu den eigenen Marken im Blick zu behalten. Ziel sollte sein, möglichst viele der Treffer dort direkt oder indirekt zu kontrollieren – mit eigenen Websites und eigenen Social-Media-Profilen sowie mit Selbigem aus dem Kreise Ihnen wohlgesonnener oder Ihnen gegenüber neutral eingestellter Dritter.

Es war nur ein Auszug zum Community Management – und es gäbe noch so viel mehr zum Thema zu sagen.

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Ein Mann in schwarzem Anzug und grauem Hemd - Bernhard Jodeleit, Gastautor

Gastautor: Bernhard Jodeleit

ist Director Digital Marketing bei Kerl & Cie, einer Kommunikationsberatung in Frankfurt, wo er sich auf Finanz-PR und Marketing konzentriert. Er hat seit 1994 als Journalist und seit 2008 für PR-Agenturen und als Unternehmer gearbeitet und dabei umfangreiche Erfahrung in digitaler Strategie und Reputationsmanagement gesammelt.

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